Powerpaket Kromfohrländer - was ist das richtige Maß an Auslastung und Entspannung?

Veröffentlicht am 20. Juni 2024 um 13:21

Nach der Rassenbeschreibung sind Kromfohrländer richtige Powerpakete, die viel Energie haben und ganz viel körperliche wie auch kognitive Auslastung benötigen.

Unsere Hündin hat tatsächlich viel Energie, ist sehr aufgeweckt, neugierig und möchte mit uns die Welt erkunden und etwas erleben. Wie jeder andere Hund auch, freut sie sich riesig über ausgedehnte Spaziergänge. Hierbei achten wir darauf, nicht nur mit ihr „Taxi zu fahren“, denn das unterfordert sie. Sie langweilt sich und beschäftigt sich dann selber, z. B. mit Mäuse jagen. Mit "Taxi fahren" meinen wir Spaziergänge, bei denen man wirklich nur spazieren geht und sonst weiter nichts mit dem Hund passiert - das kommt auch mal vor, ist aber nicht die Regel.

Das bedeutet, wir nutzen die Spaziergänge bewusst, um Grundkommandos und Tricks zu üben, unsere Bindung zu stärken, miteinander zu spielen (z. B. mit ihrem Beutel), für Schnupperspiele (z. B. Baumschubsen - siehe Bild) oder wir veranstalten eine Beutelsuche (siehe Bild).

Unser Schwerpunkt liegt mehr auf der kognitiven Auslastung, weil wir gemerkt haben, dass ihr das guttut und sie dadurch im Alltag ausgeglichener ist. Natürlich sorgen wir auch für ausreichend Bewegung. Wir gehen jeden Tag mit ihr 3 bis 4 Mal raus, allerdings nicht so lange, wie manch einer jetzt vermuten würde. Im Schnitt sind wir am Tag mit ihr 2 bis 3 Stunden draußen - und in Verbindung mit der kognitiven Auslastung reicht ihr das vollkommen aus. Mehr überfordert Baylie - sie ist dann regelrecht überdreht. Manch einer würde das in Bezug auf unseren Hund falsch einschätzen und denken: „Oh, der Hund ist nicht ausgelastet und braucht mehr Auslastung.“ Das haben wir am Anfang auch gedacht - tatsächlich ist bei Baylie aber genau das Gegenteil der Fall. Wir haben es zu gut gemeint und sie überfordert. Wir mussten also erst lernen, das richtige Maß an Auslastung für Baylie zu definieren, und mittlerweile haben wir uns gut eingependelt. Man darf auch nicht vergessen, dass besonders wachsame und aufmerksame Hunde sowieso dazu neigen, ständig präsent zu sein; das ist anstrengend und ermüdend. 

Nun müsste man meinen, dass für Hunde, die besonders viel Energie haben, schnelle Aktivitäten genau das Richtige sind. Für Baylie tatsächlich nicht, sie brauchte eher eine  entschleunigende Aktivität, die sie aber gleichzeitig kognitiv fordert und ihr hilft, ihren eigenen Körper besser wahrzunehmen. Als Welpe und Junghund war Baylie von ihren Bewegungen her sehr unkoordiniert und tollpatschig - unsere Hundetrainerin hat dann immer liebevoll gesagt: „Da war ihr Kopf wieder schneller als ihr Körper.“ Deswegen haben wir mit ihr begonnen, regelmäßig Degility

(siehe Bilder) zu machen.  

Degility ist eine Kombination aus Agility und Mobility. Im Gegensatz zu Agility geht es nicht darum, den Parkour oder die einzelnen Übungen möglichst schnell zu erledigen, sondern die einzelnen Übungen bewusst langsam auszuführen.

Degility ist für Baylie ideal, um mit ihr bewusst an ihrem Bewegungsapparat zu arbeiten, sie kognitiv zu fordern und gleichzeitig unsere Bindung und Kommunikation mit ihr zu stärken bzw. zu verbessern. Ergänzend dazu haben wir diesen Sommer mit Mantrailing begonnen und das macht Baylie ebenfalls riesigen Spaß. 

Jetzt haben wir nur darüber geschrieben, wie wir Baylie auslasten. Ein wichtiger Aspekt neben dem richtigen Maß an Auslastung sind die Erholungsphasen. Gerade besonders aktive, wachsame und aufmerksame Hunde bekommen aufgrund ihrer Art häufig zu wenig Erholung und sind völlig überreizt.

Da Baylie von Anfang an ein regelrechtes Powerpaket war und dazu neigt, alles und jeden im Blick behalten zu wollen, mussten wir mit ihr richtig üben, zu entschleunigen und herunterzufahren - darauf hatte sie nämlich absolut keinen Bock, denn sie wollte ja Aktion und zusätzlich immer ganz genau wissen, was um sie herum passiert.

Wie jeder andere Hund benötigt auch ein Kromfohrländer ausreichend Erholung (ein gesunder erwachsener Hund 17 bis 18 Stunden am Tag, junge und alte Hunde sogar mehr). Deswegen ist es wichtig, auch im Alltag darauf zu achten, dass der Hund sich ausreichend erholt. Hier ähneln Baylie und ich uns sogar sehr stark; Ist sie nicht gut erholt, ist sie teilweise echt knatschig und dementsprechend deutlich weniger belastbar, sensibler und reagiert dann auch schon mal meiner Meinung nach über. Was haben wir also mit ihr gemacht? Ganz viel Abschalt-, Box- und Deckentraining. Für einen Hund, der regelrecht dauerpräsent ist, war das Training mühsam, aber wirklich wertvoll, damit sie nicht dauergestresst ist. Schließlich ist zu viel Stress wirklich gesundheitsschädlich. Besonders stolz bin ich, wenn sie es auch in ungewohnten Umgebungen schafft, sich zu entspannen und zu dösen (bevorzugt auf dem Schoß). 

Was sich tatsächlich ganz von selbst etabliert hat, sind Körbchentage. Das sind bevorzugt Sonntage, und die Körbchentage zeichnen sich dadurch aus, dass so gut wie nichts an dem Tag passiert. Klar, wir gehen ganz normal mit ihr raus (hier wird dann wirklich nur Taxi gefahren) und ansonsten lümmeln wir gemeinsam auf dem Sofa und kuscheln. Klingt super langweilig, aber Baylie braucht diese Tage und fordert sie auch regelrecht ein, besonders wenn die Woche sehr anstrengend war, beispielsweise aufgrund von Ausflügen, vielen Kontakten jeder Art oder auch Arbeitseinsätzen. Baylie hat dann auf nichts Lust, möchte nur bedingt nach draußen gehen und einfach nur mit uns auf dem Sofa liegen und schlafen - ich vermute, sie nutzt diese Tage, um Erlebtes zu verarbeiten und ihre Batterie wieder aufzuladen. Ganz nebenbei: Die Körbchentage finden wir auch ganz nett. 

Demnach scheinen Kromfohrländer tatsächlich Powerpakete zu sein, die das richtige Maß an körperlicher und kognitiver Auslastung benötigen und wie jeder andere Hund auch ausreichend Erholung.

Die Frage: „Was ist das richtige Maß an Auslastung und Entspannung?“ ist, wie Sie vielleicht schon ahnen können, wirklich schwer zu beantworten und hängt immer von den Bedürfnissen, aber auch von der Belastungsgrenze des eigenen Hundes ab. Ich glaube, das ist etwas, was man gemeinsam mit seinem Tier ausprobieren und herausfinden muss.